Abschalten und genießen: Darf ich das?
Sommerzeit ist Urlaubszeit. Davor und danach kann es zu einem erhöhten Arbeitspensum kommen: Vorher, um offene Themen aufzulisten und eine gute Übergabe für den Vertretungsfall zu organisieren. Nachher, um die E-Mail-Flut zu sichten, schnell dringende Termine zu erkennen und sofort wieder mit den wichtigsten Inhalten vertraut zu sein. Der Wunsch ist groß, schnell wieder im Tagesgeschäft anzukommen und dass der Erholungseffekt mehr als einen Tag anhält.
Strategien, um in der Urlaubszeit loszulassen, abzuschalten und zu genießen sowie im Nachgang dennoch „Herr der Lage“ zu sein, sind von Mensch zu Mensch verschieden. Manche machen nur noch verlängerte Wochenendurlaube und bringen das Urlaubsfeeling mehr und mehr im Alltag unter. Sie planen wöchentlich „Miniurlaube“ mit Lieblingsbeschäftigungen, um sich regelmäßig kleine Auszeiten zum Regenerieren zu nehmen. Andere begrenzen ihren Urlaub auf eine Woche und nehmen mehrmals im Jahr Wochenurlaub vom Alltag. Und es gibt auch Menschen, die schwören auf drei Wochen zusammenhängende Jahresurlaubszeit. Doch drei Wochen sind lang und gerade bei einer Tätigkeit mit Führungsverantwortung kann das bedeutet, dennoch erreichbar zu sein. Doch wer gibt das eigentlich vor, wenn es nicht explizit im Arbeitsvertrag steht?
Urlaub machen, bewusst abschalten und genießen: Darf ich das? Diese Frage richtet sich in erster Linie an einen selbst. Hier kommen die eigenen Bedürfnisse, Wünsche und Interessen ins Spiel: Wozu sagen wir JA, wenn wir quasi aus der Ferne auf Arbeit bleiben bzw. gleich gar nicht Urlaub machen? Ist es die Sicherheit, dass man den Überblick behält und den Anschluss nicht verliert? Ist es der Selbstschutz, um nicht gleich am ersten Arbeitstag in der Flut der Informationen unterzugehen? Ist es die Anerkennung, dass man sich immer verantwortlich fühlt und unentbehrlich ist? Ist es der Status, seiner Position für alle sichtbar gerecht zu werden? Ist es die Macht, dabei zu sein, wenn entschieden wird bzw. selbst zu bestimmen, wo es langgeht? Ist es die Kontrolle, um vor Überraschungen geschützt zu sein? Ist es die Klarheit zu einem Thema, was man gerade nicht loslassen kann? Ein „Ja“ zu diesen Bedürfnissen bedeutet, dass der Kopf weniger Zeit zum Durchlüften und Entspannen hat und die Erholungszeit reduziert wird. Es ist ein NEIN zu ungestörter Regenerationszeit und damit zum Abschalten und Genießen.
Was könnte man tun, um dieser „Urlaubsfalle“ zu entkommen? Zunächst einmal ist es wichtig zu wissen, was einen umtreibt. Welche Bedürfnisse kommen in Ihnen hoch, wenn Sie an den bevorstehenden Urlaub und die damit verbundene Abwesenheit denken: Was brauchen Sie, um relaxt in den Urlaub zu starten und gedanklich auch dort zu bleiben? Wenn das klar ist, geht es an die Strategiesuche, um loslassen zu können. Vielleicht ist es hilfreich, vorab die eigene Vertrauensfähigkeit (in die anderen) zu stärken? Vielleicht vereinbart man eine Informationsrunde am ersten Arbeitstag für den Schnellstart nach dem Urlaub? Vielleicht speichert man kurz vor dem Urlaub die Gedankenfülle „einfach“ aus, auf ein Stück (digitales) Papier? Es könnte auch sinnvoll sein, freitags mit der Arbeit zu beginnen, um zunächst anzukommen, zu sichten und sich zu informieren. Probieren Sie aus, was Ihnen hilft. Werden Sie kreativ und sorgen Sie dafür, den Urlaub zur Abschalt- und Genusszeit zu machen. Viel Freude dabei!
7. August 2024